Sammelst du Erinnerungen oder Dinge?

Vor einigen Tagen sah ich einen schönen Spruch, der mich inspirierte:

Sammle Erinnerungen, keine Dinge.

Es war ein Bilderrahmen mit diesem Text darin – der gleiche Tag war für mich mit einer wundervollen Erinnerung versehen, etwas, das sich mit keinem Geld der Welt bezahlen lassen würde und eine Erinnerung, die mir hoffentlich noch lange Freude machen wird (ich glaube schon) 🙂

Was du oben siehst, ist eine 10 Groschenmünze. Vor dem Euro gab es hierzulande Schilling und Groschen, eine Währung, die mir oft genug noch fehlt. Als umgestellt wurde, war der Umrechnungskurs: 13,7603 (wie er bei der DM und anderen war, weiß ich aber nicht).
Diese Münze fand ich vor einigen Jahren in einem Park, halb in der Erde steckend – und nahm sie aus sentimentalen Gründen mit. Natürlich sind oft auch Dinge mit Erinnerungen verbunden – ABER wenn wir uns durch unsere eigene Wohnung begeben, ist die Frage, welches der Dinge, die wir haben, ist wichtig und wertvoll und bei welchen haben wir keinen Bezug?
Wir sammeln oft Sachen aus verschiedenen Gründen heraus, manch einer wird zum Messie und dann gibt es Menschen, die spartanisch leben und die nur an wenigen Dingen zu hängen scheinen.

Man sagt, gibst du einem göttlichen Wesen etwas, dann wähle das, was dir wichtig ist – denn das ist die wahre Währung. Du gibst etwas für dich Wertvolles, wenn du um etwas bittest, vielleicht tut es auch weh, wenn du es hergibst – ABER was bekommst du dafür?

Stell dir vor, du wärest ein höheres Wesen und bekommst eine Gabe, die der Bittende zwar um teures Geld erworben hat, aber wo nichts dranhängt, kein Traum, kein Wunsch, keine Sehnsucht. Die Gabe des zweiten Bittenden ist vielleicht eine unscheinbare Brosche, billig und aus einem Kaugummiautomaten, ABER die Erinnerungen, die daran hängen, sind kraftvoll. Ihm tut es weh, sie herzugeben.
Die Frage ist nun, welche Gabe bedeutet mehr und welche hat mehr Kraft? Wie würdest du das sehen?

Oft ist der Satz von oben gar nicht so leicht zu befolgen, da in vielfacher Hinsicht eine Verbindung von Erinnerung und Ding besteht.

Doch im Großen und Ganzen ist es schon sinnvoller, sich das Leben nicht materiell zuzukleistern, sondern Erinnerungen … denn heißt es nicht auch manchmal, Erinnerungen ist das Einzige, das du ins nächste Leben mitnehmen kannst?

Grabe in deinen Erinnerungen und such dir eine von denen heraus, die dir sehr wichtig sind – würdest du diese hergeben, wie wertvoll wäre sie als „Gabe“? Vielleicht kannst du dich an „die unendliche Geschichte“ erinnern, wo Bastian mit seinen Wünschen Phantasien neu formte. Er verlor die Erinnerungen und schuf dadurch Neues.

Oder stell die Frage anders herum – wenn du aus deinem Leben etwas Neues machen würdest – und du könntest eine ganz bestimmte Person von früher noch einmal zurückholen, die dir sehr viel bedeutet hat, wäre es dir das wert?

Erinnerungen sind im Großen und Ganzen wertvoller als Dinge – ABER es ist auch oft die Verbindung, die etwas schaffen kann.

Kannst du dich an die ganzen Filme erinnern, wo eine bestimmte Person meint, sie möchte nicht mehr leben und der Tod zeigt ihm/ihr die Welt, wie es ohne ihn/sie wäre? Jede Person, jede Figur, beeinflusst – und das durch ihre Art und Persönlichkeit – denn wir sind alle irgendwie miteinander verbunden …

Um aber zu der göttlichen Figur zurückzukommen ….
Welche zwei Gaben würdest du erhalten und wie wertvoll wären sie? Wem würdest du die Wünsche erfüllen und warum?

11 Gedanken zu “Sammelst du Erinnerungen oder Dinge?

  1. hmkaufmann

    »Nicht an die Güter hänge dein Herz,
    die das Leben vergänglich zieren!
    Wer besitzt, der lerne verlieren,
    wer im Glück ist, der lerne den Schmerz!«
    (Friedrich Schiller)

    Der Zitate- und Aphorismenreichtum zum Thema dinglichen Besitzes, zeigt, wie wichtig uns die Anhäufung irdischer ‚herzloser‘ Güter ist.
    Bei vielen Sammelstücken scheint es einerseits um tatsächliche Werte zu gehen (Münzen, Briefmarken, Antiquitäten, Mineralien und Edelsteine, Kunstobjekte u.ä.), die eng mit dem romantischen Gefühl der Verbindung zur Vergangenheit und/oder Ästhetik verknüpft sind. Sammler sind gut organisiert und gehen methodisch vor, haben zugleich aber auch Freude an ihren Sammelobjekten. Oft steht die Freude der Beschäftigung mit den Objekten sogar im Vordergrund.

    Was wir alle kennen, ist das Aufheben (bei dir, liebe Rhia, mit deiner Groschenmünze sogar wörtlich) sentimentaler, ideeller Gegenstände, die nur für uns selbst Bedeutung haben – für andere möglicherweise sogar wertlos sind. Sei es die alte Armbanduhr, die an einen lieben Verstorbenen erinnert oder ein Souvenir aus einem wundervollen Urlaub, das uns an eine bestimmte Begebenheit erinnert oder das Namensarmbändchen, das unser Kind nach der Entbindung im Krankenhaus erhielt oder unsere erste Puppe. All diese Objekte sind Auslöser, die uns, sobald wir sie sehen an die Hand nehmen und uns mit Geschichten und unserer Geschichte verbinden. Sie sind Stellvertreter für Erlebnisse und Menschen geworden und deshalb bedeutungsvoll.

    Der Verlust eines geliebten Menschen ist eine Tragödie, aber mich rührt es auch zu Tränen, wenn ich von Menschen erfahre, die ihr gesamtes Hab und Gut durch eine Katastrophe verloren haben. Sie trauern nicht um ihren ersetzbaren Kühlschrank oder ihr Sofa, sondern um ihre Vergangenheit, ihre Erinnerungen, ihr Leben, an das sie durch Fotoalben, vererbte Möbelstücke, Kinderzeichnungen oder gemeinsam Geschaffenes erinnert wurden. – Kinder haben zuweilen morbide Gedanken und so hatte ich mir einst die Frage gestellt, was ich im Katastrophenfall von meinen kindlichen Schätzen unbedingt retten wollte. Mit neun Jahren war die Antwort schnell gefunden: Meinen Goldhamster und meinen Lieblingsteddy (mit Letzterem wollte ich übrigens auch im Falle meines verfrühten Ablebens bestattet werden). Als Erwachsene fiele meine Liste etwas länger aus.

    Mein Vater war gerade ein Jahr zuvor verstorben, als meine Mutter aufgrund ihrer schweren Demenzerkrankung im Heim untergebracht werden und ich mit ihr den Hausrat auflösen musste. Ich hätte lieber barfuß auf Glasscherben getanzt! In jedem Buch (meine Eltern hatten Hunderte), in jedem Möbelstück, in jedem Bild, ja, in allem, steckte für sie eine Erinnerung, denn ihre sparsame Generation hat mit den meisten Dingen ein ganzes Leben verbracht, und meine Mutter sah sich außerstande, loszulassen. Wenn wir alt werden, wird unser Leben häufig unwürdig. Wir werden bevormundet und wenn wir intensive Betreuung benötigen, steht uns nur eine winzige ‚Zelle‘, zu, in die wir natürlich nicht unser vorangegangenes Leben quetschen können. Meine Mutter durfte nur einen winzigen Bruchteil ihres Besitzes mitnehmen, konnte sich aber weder trennen, noch für eine Auswahl entscheiden, was für Demenzkranke mehr als verständlich ist. Bei jedem Objekt sagte sie, es erinnerte sie an meinen Vater und wenn ich entgegnete, er ‚steckte‘ doch in jedem Erinnerungsstück und daher müssten doch nicht alle mit, löste ich ungewollt neuerlichen Schmerz aus. Mein Vater hatte eine weniger sentimentale Ansicht und trennte sich schon zu Lebzeiten unter dem Motto „Das letzte Hemd hat keine Taschen“ von Objekten.

    Sammelt keine Dinge, sondern Erinnerungen, ja, so heißt es. Manchmal gehören sie untrennbar zusammen. Bewusstes Loslassen und Verlust durch höhere Gewalt sind Geschwister im Schmerz. Der Verlust der Erinnerungen ist schrecklich, aber manch schreckliche Erinnerung, die man nicht loslassen kann, ist ein Dauerschmerz.

    P.S.: Ich fürchte, von dir als Kommentatorin ausgeschlossen zu werden, wenn ich meine Labersucht nicht endlich in den Griff bekomme. 🤐 Um deine Schlussfrage jedoch noch zu beantworten, fällt mir nur der gängige Spruch ein: „Das Leben ist kein Wunschkonzert“.

    Gefällt 2 Personen

    1. Rhiannon

      darf ich so frei sein zu sagen – untersteht dich nicht mehr zu kommentieren? 🙂
      deine Beiträge zu meinen Beiträgen sind wundervoll, so großartige Gedanken, die ich einfach nicht mehr missen möchte. Es ist schön, wenn auf die eigenen Beiträge so lange Kommentare folgen, heißt es doch auch, der Beitrag wird gelesen …

      Eigentlich bin dich dir eher dankbar als auch nur ansatzweise anzudenken dich auszuschließen … 🙂
      fühl dich einfach umarmt, denn genau das ist es doch, was die Bloggersphäre sein sollte … ein Geben und Nehmen, ein Miteinander gemeinsamer Gedanken 🙂

      in diesem Sinne – ich danke dir

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    2. Rhiannon

      und by-the-way, was du über deine Eltern schreibst, ich kann das richtig gut nachvollziehen – denn es ist oft wirklich sehr schwer sich zu entscheiden

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    1. Rhiannon

      Leider erst jetzt dazu, zu antworten. Die letzten Monate waren eine ziemlich Berg- und Talfahrt, erst gestern war da ein Knoten in meinen Gedanken, den ich zu lösen hatte.

      Ich wollte dir danke sagen für deinen Kommentar 🙂

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  2. Wünsche erfüllen, Menschen glücklich machen … Ja, diese Gaben hätte ich gern. Vielleicht auch aus Eigennutz. Denn: „Besonders glücklich bin ich aber, wenn einer glücklich ist, den ich liebe“ (Sei Shonagon). Obwohl – mir wäre es auch recht, selbst unglücklich zu sein, dafür aber einen lieben Menschen glücklich zu wissen. Diesem lieben Menschen würde ich (wenn ich denn könnte!) seinen sehnlichsten Wunsch erfüllen, so sein zu dürfen wie er in Wirklichkeit ist.
    Einst sagte er zu mir: „Im eigenen Körper und im Leben gefangen, erwartet mich nichts mehr auf dieser Welt.“ Wie gern würde ich die Gabe haben, ihn aus diesem „Gefängnis“ befreien zu können …

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    1. hmkaufmann

      Wir können Menschen in dinglichen Nöten stützen, ihnen tatkräftig helfen und ihnen zur Seite stehen. Doch hilflos stehen wir kranken Menschen und denen in seelischer Not gegenüber. Wir besitzen weder den Schlüssel zu ihrem Gefängnis, noch können wir das Schloss knacken. Ich habe schmerzvoll gelernt, dass die Betroffenen den Schlüssel längst selbst besitzen, aber den Schließmechanismus nicht verstehen.

      Manchmal wurde der Schlüssel auch verloren oder gar gestohlen und man muss es sich so komfortabel wie möglich in der Zelle einrichten wie es eben geht, bis man die Kraft gesammelt hat, einen Ausbruch zu versuchen.

      (Meine eigene Suchanzeige nach dem verlorenen Schlüssel hängt am Schwarzen Brett des Lebens, gleich neben der Verlustanzeige des Glaubens.😲)

      Wie heißt es? Uns wurde das Leben geschenkt, aber nirgendwo steht, dass es leicht sein wird. Sich Änderungen zu wünschen, ist vielleicht kindlich, aber wir können uns Menschen wünschen, die tragen helfen. Dir, liebe Rosa, wünsche ich von Herzen ein ganzes Umzugsunternehmen!

      Gefällt 2 Personen

      1. Rhiannon

        * Ich habe schmerzvoll gelernt, dass die Betroffenen den Schlüssel längst selbst besitzen, aber den Schließmechanismus nicht verstehen.*

        das sind so weise Worte !!

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    2. Rhiannon

      das versuchen so viele zu Weihnachten, wo es so wichtig ist, die Freude im Gesicht des Beschenkten zu sehen … es ist schwer geworden, andere glücklich zu machen, denn so vieles kauft sich doch jeder selber …

      die wahren Glücksmomente jedoch sind selten käuflich – es sind andere Aspekte …

      und realistisch betrachtet – wer kennt heute wirklich seinen „Herzenswunsch“?

      Vielleicht findest du eines Tages diese Gabe, doch Gaben bedeuten auch Verantwortung .. vielleicht haben wir deswegen so manche nicht, die wir gerne hätte. 😉

      aber ich kann deinen Gedanken gut nachvollziehen und hoffe, du findest es eines schönen Tages. Alles Gute und Liebe

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