
Was würdest du lieber als „Bleibe“ wählen, wenn du nur diese beiden Möglichkeiten hättest:
Eine Mini-Villa mit Garten nahe bei einem Stadtzentrum mit guter Versorgung (Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte, …) und auf Wunsch auch Lokale und Sehenswürdigkeiten – oder eher einen alten Bauernhof, der noch (nur) mit Holz geheizt wird, direkt neben einem Wald aus Nadelbäumen und zur nächsten Stadt brauchst du vielleicht eine Stunde mit dem Fahrrad – achja, Nachbarn gibt es hier auch keine, dafür aber eine große Wiese und eine alte Scheune.
Überleg dir die Optionen – es hat alles ein für und wieder …
Wenn wir uns in unsere Kindertage erinnern, so tauchen auch Buchklassiker wie Heidi darin auf. Dieses Kind, das in den Bergen so glücklich war, frei war, leben konnte, wurde dann in die große Stadt verschlagen, in der es beständig die Sehnsucht nach den Bergen verspürte, in der Stadt war das Kind nicht glücklich.
Wo wollen wir leben, wenn wir dies einfach so entscheiden könnten?
Ich sehe so viele Menschen, die lieber in der Stadt sind, gut versorgt, ohne sich Gedanken darüber machen zu müssen, wie sie ihren Wochenkauf tätigen können (hier ist die Planung nicht das Geld gemeint ;-)) – selbst jene, die es in die Natur zieht legen oft sehr viel Wert darauf, dass sie rasch in die Stadt können. Verzicht ist so eine Sache für sich …
Wenn du „Babylon 5“ kennst, erinnerst du dich vielleicht an die Szene wo Thalia Winters einer gerade erwachenden Telepathin erklärte, wie sie sich schützen könne vor all den Stimmen, die ihr gerade den Kopf zu „sprengen“ drohten. In den Städten ist es oft so, dass viele Stimmen schreien, den eigenen „Verstand vernebeln“ … es fehlt häufig die Möglichkeit, Ruhe zu finden, abzuschalten – und das kann auf Dauer für eine Seele sehr unangenehm werden. Wenn du Heidi je gelesen hast, so klingt auch das durch.
Doch wie können wir das nun für das Schreiben und kreativ sein umsetzen? Eigentlich ganz einfach:
Nimm eine Figur, wonach sehnt sich der Charakter? Was will er/sie/es und was könnte das Gegenteil davon sein? Sehen wir uns heute einfach mal die Häuser an:
Was könnte ein Gebäude, ein Haus, sein?
Mir kommen Villen (egal ob klein oder groß) wie Ballkleidung vor – schön, elegant, mitunter etwas starr in ihrem „Konzept“ – und häufig nur Glitzer. Auf Bällen mögen sich Menschen mit sehr schöner Kleidung treffen, aber es ist oft nur der schönen Schein hinter dem sich sehr leicht eine dunkle, bittere Seele in Geldgier verbirgt.
Bauernhäuser, Vierkanthöfe und Ähnliches wiederum wirken auf mich wie der gemütliche Hausanzug, einfach etwas Bequemes, in dem es nicht nötig ist, den Bauch einzuziehen, sondern wo man/frau sich auch einfach mal irgendwo hinlümmeln kann … und es anderen komplett egal ist.
Und so kannst du es auch mit anderen Häusern halten – wie wirken sie auf dich? Nimm einfach an, Häuser wären Persönlichkeiten, wie wären sie? Du kennst sicher die Geschichten um Geisterhäuser, die die ihre Gäste / Bewohner manchmal sehr unangenehm „willkommen“ heißen. Wie siehst du solche Häuser? Oder eine alte Blockhütte im Wald, ein Bestattungsinstitut oder ein Palast? Häuser verfügen über Charakter und Persönlichkeit, die sich manchmal gar nicht, dann wieder in einer sehr eigenen Manier ausdrücken.
Vergiss aber auch nicht, mit einzuberechnen, wo das Gebäude steht – denn das macht auch sehr vieles aus.
Heidi zog die Hütte in den Bergen vor – die Gründe waren verschieden – aber einer davon war fraglos, dass es in der Hütte gemütlicher war, nicht so „gezwungen“ wie in der städtischen Bleibe. Natürlich bieten Städte andere Optionen als das Ländliche …
Wenn wir also eine Geschichte schreiben, ist es eine recht interessante Option, auch diesen Aspekt mit einzubeziehen.
Übrigens ein kleiner Buchtipp, wenn du dich für solche Themen erwärmen kannst:
„Das Höllenhaus“ von Richard Matheson
Welche Bleibe würdest du als interessant für deine Charaktere finden und warum gerade diese? Allzugerne schreiben wir zwar über Figuren und „be“schreiben die Unterkunft, aber was, wenn das doch etwas zu wenig ist und das Gebäude auch etwas zu erzählen hätte? Was wäre das denn?