Konventionen und Grenzen – wie gehen wir damit um?

Unsere Leben gehören nicht uns!

Wie siehst du das?

Wie viel in unserem Leben können wir tatsächlich „frei“ entscheiden? Es fängt damit an, in welche Kultur wir hinein geboren werden. Jede Kultur hat ihre „erwünschten Verhaltensmuster“ bei weiblichen wie männlichen Nachkommen. Hinzu kommt, wie alt wir jetzt sind und somit, wann wir aufwuchsen. Was prägte uns in unserer Jugend?
Wir haben Vorbilder, leben in einer Welt der Werbung und Medien und vieles mehr … also stellt sich hier die Frage, wie frei sind wir wirklich und gehören unsere Leben wirklich uns?

Ich mag den Film „der Wolkenatlas“, weil nicht nur die Geschichte gut ist und zum Nachdenken anregt, sondern auch, weil es so viele schöne Zitate drin gibt.

Darunter dieses aus dem Munde von Somni:
„Unsere Leben gehören nicht uns! Von der Wiege bis zur Bahre sind wir mit anderen verbunden, in Vergangenheit und Gegenwart und mit jedem Verbrechen und jedem Akt der Güte erschaffen wir unsere Zukunft.“

Der Mensch ist ein soziales Wesen und somit sind wir auch mit anderen verbunden. Selbst jene, die für gewisse Zeit Survivals praktizieren, auf einer einsamen Insel landen oder isoliert leben (aus verschiedenen Gründen heraus), haben etwas, das sie prägte. Selbst jene „Wolfskinder“ wie Tarzan, die es tatsächlich gab und gibt und die von Tieren aufgezogen wurden, stehen nicht alleine wie der „Einsame Wolf“, sondern sind mit anderen verbunden.

Gehen wir nun einen Schritt weiter, so sind wir nicht nur mit anderen Menschen, sondern mit der Umwelt verbunden. Können wir wirklich in einer Welt leben, in der der Mensch völlig isoliert von allem ist? Selbst in einer abgekapselten Welt wie einem kleinen Raumschiff ist doch die Verbindung zu etwas anderem da. Auf Erden fühlen wir den Wind durch das Haar streichen, riechen das Salz des Meeres oder spüren die wohltuende Entspannung der Wälder. Wenn du dich mit „Waldbaden“ einmal genauer befasst hast, wirst du wissen, worauf ich hinaus will.
Wir sind ein Teil von allem, von unserer Umwelt und unserem sozialen Umfeld. Da mag es die ein oder andere Seele geben, mit der wir einfach bevorzugt Kontakt haben wollen, aber es gibt auch unzählige Leben, die an uns vorbeirauschen, wenn wir beispielsweise in einem anonymen Supermarkt einkaufen und an der Kassa stehen. Da blicken wir vielleicht dem Kunden hinter uns kurz in die Augen – auch das zählt!

Blicken wir auf all das, so sind wir mit einfach allem verbunden – ein Teil des sogenannten „Raumschiff Erde“.

Doch kehren wir zurück, so erkennen wir, dass wir in dem Umfeld, in dem wir aktuell leben, gewissen Konventionen folgen um ein Teil davon zu sein und es vielleicht auch zu bleiben.

Dabei sind Konventionen per se eine „Notwendigkeit“, um ein Miteinander abseits von Anarchie zu praktizieren. Wobei bei genauer Betrachtung selbst Anarchie ein Muster von Konventionen zeigt und praktiziert 😉

„Alle Grenzen sind Konventionen, die nur darauf warten, überwunden zu werden. Man kann jede Konvention überwinden, man muss diesen Schritt nur erst begreifen.“ (Zitat Wolkenatlas)

Wie gerne würden wir doch so manche uns auferlegte Grenze überwinden und ignorieren? Vielleicht kommt daher die Sehnsucht von so vielen nach „Superhelden“, die sich um Konventionen keinen deut scheren müssten und es nach eigenen Gedanken doch tun.

Ein Freund von mir formulierte es einmal so (oder so ähnlich):
„Keine Grenze, die ich mir nicht selbst auferlegt habe …“

Doch betrachten wir die Sachlage genauer, so sind Grenzen oft unüberwindbar – und genau darum mag ich das Zitat so gerne … „man muss diesen Schritt nur erst begreifen.“

Wie viele Geschichten kennst du, in denen die Hauptfigur die ihm/ihr gesetzten Grenzen überwand und nicht nur daraus lernte, sondern Alternativen zum Gewohnten aufzeigten? Natürlich bestand für die Figur dabei häufig das Dilemma, etwas verbergen zu müssen oder das Risiko sein Leben aufs Spiel zu setzen – ABER der Weg hinter die Grenzen war es wert.

Alanna von Trebond (die schwarze Stadt, im Bann der Göttin)
Konvention und Grenze – nur Burschen werden zum Ritter ausgebildet ….
sie pfeift drauf und verkleidet sich als Junge …
Neo (Matrix)
Die Wahl der Pillen … bleiben in den Grenzen der Konventionen oder diese verlassen – ein Weg ohne Wiederkehr
Kirk und Uhura (Star Trek)
In Zusammenhang mit einer damals recht fortschrittlichen Serie „Raumschiff Enterprise“ und der erste Kuss zwischen Farbig und Weiß (wenn auch erzwungen).

Jede Konvention kann überwunden werden, wenn wir erst einmal realisieren, dass es eine Grenze ist. Jede Grenze hat einen Punkt dahinter und davor haben so viele einfach nur Angst. Doch warum ist das so? Haben wir Angst davor, das zu verlieren, das wir haben?

Konventionen sollen eine Figur in Schach halten und insbesondere in dystopischer Literatur ist es nahezu immer so, dass ein bestimmter Charakter aus verschiedenen Gründen heraus das aktuelle Sein in Frage stellt und dadurch auch die Grenzen.

Beispiele dafür sind „schöne, neue Welt“, „Logans Run“, „1984“ oder „Wir“, in denen der ein oder andere Charakter aus seiner „Realität“ erwacht, weil einmal die eine oder andere Kleinigkeit nicht stimmig ist. Mitunter entdeckt die Figur andere, die zu erwachen beginnen und schlussendlich erkennt diese Figur, dass da mehr ist, als das, was ihm/ihr/es vorgespiegelt wird.

Es spielt hier keine Rolle, ob es eine vergangene Zeitepoche oder eine mögliche Zukunft betrifft, vielleicht ist es eine Welt auf einem fernen Planeten oder es ist eine Fantasy-Welt, in der Terror herrscht oder etwas ganz anderes. Immer sind es Konventionen, wo die Figur erkennt, dass etwas nicht stimmt.

Genau hier kannst du ansetzen, wenn dir eine Idee fehlt.

„Alle Grenzen sind Konventionen, die nur darauf warten, überwunden zu werden. Man kann jede Konvention überwinden, man muss diesen Schritt nur erst begreifen.“ (Zitat Wolkenatlas)

In jeder, wirklich jeder Welt, gibt es Konventionen, jene Grenzen, die aus verschiedensten Gründen heraus gesetzt sind und wurden, damit auch das Zusammenleben funktionieren kann. Eine Welt ohne Regeln formuliert schlussendlich ihre eigenen – Umstürze bauen neu auf, ebenso wie Revolutionen oder Anarchie. Menschen wollen Regeln nach denen sie leben können – ABER es ist sinnvoller, wenn diese nachvollziehbar sind. Darum hat dieser Freund von mir recht mit seinen Worten: „Keine Grenze, die ich mir nicht selbst auferlegt habe …“

Schlussendlich geht es vielfach auch darum, sich selbst in den Spiegeln sehen zu können und zu wissen, die Regelung, der ich unterworfen bin (oder mich unterworfen habe), ist sinnvoll.

Alle Grenzen sind Konventionen, die nur darauf warten, überwunden zu werden.

Keine Konvention ist in Stein gemeißelt, auch wenn manch einer das gerne hätte 😉 … Grenzen, in Regelungen formatiert, die angeben, wie zu leben ist – wir sind in unserem Naturell zwar sehr ähnlich, aber auch grundverschieden. Wo der eine Ruhe mag, schätzt der andere Partykracher, die einen mögen Mathe, die anderen Philosophie, und so geht es weiter. Die Grenzen sollen ein Miteinander ermöglichen, ABER manchmal ist es Zeit zu hinterfragen und zu sehen, was HINTER der Grenze ist. Wer sich traut die Grenzen und damit die festgefahrenen Konventionen zu überwinden – den erwarten mitunter Wunder!

Man kann jede Konvention überwinden, man muss diesen Schritt nur erst begreifen.“

Aus dem Kokon einer sicheren Welt auszubrechen, heißt auch, vieles hinter sich zu lassen und einen Neuanfang zu wagen. Die Konsequenzen, die ein Überwinden mit sich bringt, reichen von ganz klein, bis zur Lebensgefahr und weit darüber hinaus. Nur wer starr in den Konventionen verharrt, der bleibt relativ sicher, aber entwickelt sich auch nicht sonderlich weiter – und das wollen wir doch für unsere Charaktere und Figuren 😉

In welche Welt würdest du eine Figur setzen und welche Konventionen und Grenzen sollte dieser Charakter überwinden?

*****

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13 Gedanken zu “Konventionen und Grenzen – wie gehen wir damit um?

  1. @ „Ein Freund von mir formulierte … „Keine Grenze, die ich mir nicht selbst auferlegt habe“

    Das erkennen zu können und die Verantwortung dafür übernehmen und nicht auf vermeintliche Autoritäten (z.B. „Vater Staat“) abschieben zu wollen, setzt eine gewisse Wachheit voraus.

    🌻

    @ „sich selbst in den Spiegeln sehen zu können und zu wissen, die Regelung, der ich unterworfen bin (oder mich unterworfen habe), ist sinnvoll.“

    Ja, aber auch dann, wenn sie unsinnig zu sein scheinen, macht es Sinn, sich den Konventionen, Regeln, Geboten, Gesetzen nicht ständig entgegen zu stellen. Das kostet unglaublich viel Energie, besorgt uns unnötige Schürfwunden und stellt uns auch noch ins Abseits.

    Es geht um die bewußte Abwägung
    …zwischen Freiheit und Anpassung.

    🌻

    @ „Alle Grenzen sind Konventionen, die nur darauf warten, überwunden zu werden.“

    Aber noch der wildeste Revolutionär zieht sich erst
    mal eine Hose an, bevor draußen etwas umwirft. 😎

    🌻

    @ „manchmal ist es Zeit zu hinterfragen und zu sehen, was HINTER der Grenze ist“

    Ja, es gibt eine Zeit, in der die Regeln gebrochen werden müssen, in der sämtliche übernommene Glaubenssätze in Frage gestellt werden. Eine äußerst wichtige Phase! Sie ist eine bedeutende
    Voraussetzung für die geistige und soziale Eigenständigkeit.

    Das geistige Reifen setzt einen inneren Abstand von den Konventionen voraus.

    Zur Geistigen Reife…
    Wer mag, ist herzlich willkommen:https://philosophischereplik.home.blog/reife/

    Sommergrüße!

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    1. Rhiannon

      @ „Ein Freund von mir formulierte … „Keine Grenze, die ich mir nicht selbst auferlegt habe“

      das erkennen zu können und die Verantwortung dafür übernehmen und nicht auf vermeintliche Autoritäten (z.B. „Vater Staat“) abschieben zu wollen, setzt eine gewisse Wachheit voraus.

      Exakt…
      die meisten leben in einer Art „Vollkasko-Denken“ und das ist doch sehr schade. Wir haben doch unser eigenes Gehirn zum Nachdenken, aber ist es nicht einfach bequemer, anderen das Denken zu überlassen? 😦

      Oh, es geht nicht darum sich den Konventionen und Co ständig entgegenzustellen, sondern zu erwachen. Nicht jede Regel ergibt Sinn und vieles widerspricht sich selbst. Sein Leben selber in die Hand zu nehmen und schwimmen zu lernen erzeugt diese Wachheit, die jemandem häufig fehlt, der sich nur im Strom mittreiben lässt.

      „Es geht um die bewußte Abwägung …zwischen Freiheit und Anpassung.“
      DAS hast du schön formuliert 🙂

      Und das mit der Hose – hat mich beim Lesen fast schon vom Hocker gehauen … was macht dann ein Schotte mit seinem Kilt? 😉

      „Das geistige Reifen setzt einen inneren Abstand von den Konventionen voraus.“
      Nur wer hinterfragt, erkennt … wer Fragen stellt und dem Bauch zuhört … das können Kinder ganz besonders gut. ABER auch die geistige Reife ist keinesfalls zu unterschätzen 🙂

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      1. @ „ist es nicht einfach bequemer, anderen das Denken zu überlassen?“

        Dazu empfehle ich ein Zitat vom Herrn Kant:

        Denkfaulheit

        🌻

        @ „das mit der Hose – hat mich beim Lesen fast schon vom Hocker gehauen“

        Schuldigung, wollte nicht, daß du dich verletzt. 😉

        Noch der größte Revolutionär zieht sich erst
        eine Hose an, bevor draußen etwas umwirft.
        Das betrifft auch den wildesten Anarchisten.

        Den Spießer in ihnen… erkennt
        man erst auf den zweiten Blick.

        Was ich damit sagen will:
        WIR ALLE beachten Gesetze, Regeln, Normen,
        Konventionen, Übereinkünfte, Gepflogenheiten…

        Die Frage ist bloß, ob wir uns jeder
        Masche dieses Netzes bewußt sind.

        Der Revoltierende kokettiert noch mit der Zerstörung…,
        aber der Revolutionär hat den Entwurf eines möglicher-
        weise noch engeren Netzes bereits in der Hosentasche.

        🌻

        An Regeln ist prinzipiell nichts verkehrt…,
        nur müssen sie permanent justiert werden.

        Regeln haben nicht per se einen Wert;
        nur als vernünftig ordnende Struktur.

        So wie auch Kochtöpfe nicht aus sich heraus einen Wert haben,
        sondern nur als Hilfsmittel… zur Zubereitung leckerer Speisen.

        🌻

        @ „Nur wer hinterfragt, erkennt … wer Fragen stellt und dem Bauch zuhört“

        Ja, Hinterfragen fördert die Intelligenz.
        Nicht zu verwechseln mit Hinterlesen !

        Das mit dem Bauch ist aber so eine Sache, denn hier werden gerne mal so unterschiedliche Beweg-Gründe wie Intuition, Instinkt und Emotion miteinander verwechselt. Sie alle werden dem Bauch zugeordnet.

        Auch hier braucht es Wachheit
        und Unterscheidungsvermögen.

        🌻

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      2. Rhiannon

        @ @ „das mit der Hose – hat mich beim Lesen fast schon vom Hocker gehauen“

        @ Schuldigung, wollte nicht, daß du dich verletzt. 😉

        Ach der Hosenboden hält es aus ;-), bin letztens erst durch den Schlamm bedingt beim Wandern ausgerutscht und weiter unten angekommen … war recht witzig … und Humor … 😉

        @ noch der größte Revolutionär zieht sich erst
        Eine Hose an, bevor draußen etwas umwirft.
        Das betrifft auch den wildesten Anarchisten.
        Den Spießer in ihnen… erkennt man erst auf den zweiten Blick.
        Was ich damit sagen will:
        WIR ALLE beachten Gesetze, Regeln, Normen,
        Konventionen, Übereinkünfte, Gepflogenheiten…
        Die Frage ist bloß, ob wir uns jeder Masche dieses Netzes bewußt sind.

        Nein, sind wir nicht, denn wären wir uns jeder Masche bewusst, gäbe es vielleicht weit weniger „Dummheit“, „Pragmatismus“ oder Ähnliches … ABER auch die Kehrseite … es ist wie zu viel Licht, das einen blind werden lässt. Manchmal sind die Schattenseiten ganz nice, denn genau durch diese wachsen wir schlussendlich.

        Und du hast Recht, denn wir alle beachten gewisse Regeln, weil ohne diese das Zusammenleben nicht funktionieren würde, die Frage ist hier eher, sind wir willens „bewusster“ zu agieren oder weiter blind herumzurudern?

        @ der Revoltierende kokettiert noch mit der Zerstörung…,
        aber der Revolutionär hat den Entwurf eines möglicherweise noch engeren Netzes bereits in der Hosentasche.

        Hm – das ist eine interessante Sicht der Dinge …
        Werd ich in Ruhe drüber nachdenken …

        @ @ „Nur wer hinterfragt, erkennt … wer Fragen stellt und dem Bauch zuhört“

        @ Ja, Hinterfragen fördert die Intelligenz.
        Nicht zu verwechseln mit Hinterlesen !
        Das mit dem Bauch ist aber so eine Sache, denn hier werden gerne mal so unterschiedliche Beweg-Gründe wie Intuition, Instinkt und Emotion miteinander verwechselt. Sie alle werden dem Bauch zugeordnet.
        Auch hier braucht es Wachheit und Unterscheidungsvermögen.

        Im Grunde geht es doch bei allem nur darum, über das, was wir tun, nachzudenken und wenn einem etwas seltsam vorkommt, weil es sich vielleicht mit anderem schlägt, Aktionen zu setzen.
        Nur stur einer Sache zu folgen ist vielleicht eine Weile eine gute Idee, aber auf Dauer wenig sinnvoll. Wären alle immer nur Konventionen gefolgt und hätten die Regeln ohne Hinterfragen „nachgemacht“, wer weiß in welcher Entwicklungsepoche wir gerade wären.

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  2. heathermkaufman

    Konventionen sind ein Regelwerk der Gesellschaft, in die wir hineingeboren werden und das uns das Miteinander erleichtern soll. Bezüglich der Kindererziehung habe ich einst gelernt (und bin damit ganz gut gefahren), dass Verbote (Regeln) tunlichst zu vermeiden sind, wenn man sie nicht begründen kann.

    „Hör´ bitte auf, mit den Fingern zu essen!“
    „Waru-hum?“
    „Darum!“= Nicht gut!
    Besser: „Weil wir hier im Restaurant sind und den anderen Gästen der Appetit vergeht, wenn sie dir beim Rummatschen im Kartoffelpü zusehen müssen!“

    Gibt es partout keine gute Begründung, kann gegebenenfalls auf ein Verbot verzichtet werden. Wir haben eine Regel hinterfragt und vielleicht eine neue Lösung für uns gefunden. Das führt zu einer dynamischen Entwicklung unserer Regelwerke. Da eine Gesellschaft keine Lust hat, JEDE Regel zu hinterfragen, halten sich viele aus Bequemlichkeit daran oder finden sie hilfreich. Wir passen uns an oder müpfen gelegentlich auf.

    Das ist aber in meinen Augen noch keine Grenzüberschreitung! Eine echte Grenze ist eine harte Linie, die einmal überschritten, keine Umkehr erlaubt – jedenfalls keine, die folgenlos bliebe! Grenzverletzer sind nicht selten ‚übergriffig‘, für sie haben sämtliche Absprachen und Regeln keine Gültigkeit, ja, sie erkennen nicht einmal ihre eigenen und leben buchstäblich gefährlich ‚am Limit‘.

    Ich denke, jeder sollte die Freiheit haben, über seine eigenen Grenzen zu verfügen, sofern sie nicht die der Mitmenschen verletzen, beeinträchtigen oder beschädigen. Und das ist weit häufiger der Fall, als wir wahrhaben wollen. (Reise ich in eine fremde Kulturzone, ist es bspw. angeraten, sich über die Konventionen dort sehr gut zu informieren und ggf. Grenzen zu respektieren – und Gleiches erwarten wir im umgekehrten Fall.) Aber ob jenseits einer Grenze Wunder zu erwarten sind …?

    „Niemand ist eine Insel, in sich ganz; jeder Mensch ist ein Stück des Kontinents, ein Teil des Festlandes. Wenn eine Scholle ins Meer gespült wird, wird Europa weniger, genauso als wenn’s eine Landzunge wäre, oder ein Landgut deines Freundes oder dein eigenes. Jedes Menschen Tod ist mein Verlust, denn ich bin Teil der Menschheit; und darum verlange nie zu wissen, wem die Stunde schlägt; sie schlägt dir selbst.“ (Zitat des englischen, metaphysischen Dichters John Donne, Meditation XVII)

    Der Mensch ist ein soziales Wesen, dem eigentlich an einem friedlichen Miteinander liegt und sich deshalb ‚angepasst‘ verhält, selbst wenn er an manchem Regelsinn zweifelt. Aber jenseits des Bruchs einer Konvention erwarten uns ebenfalls selten Wunder, oder?

    Ich mag bei meinen Charakterentwicklungen für meine Geschichten lieber den Begriff ‚Widerstand‘. Ein innerer Widerstand stellt einen Kampf gegen Bequemlichkeit, gegen eingefahrene Verhaltensmuster, Ängste und das Verlassen der Komfortzone in Aussicht. Widerstand gegen eine ungerechte Macht, gegen Unterdrückung, gegen Gewalt oder aufgezwungene Strukturen – das sind die Kontrahenten meiner Figuren. Vielleicht sind hier ja Wunder zu erwarten? Zumindest aber, im Falle eines Sieges, Bewunderung oder Verwunderung!

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    1. Rhiannon

      Manchmal ist doch die Frage, ob die gelungene „Transformation“ nach einer Übertretung der Konventionen oder wie du schreibst, Widerstand, nicht das eigentliche Ziel ist. Wir streben als Mensch so sehr nach Sicherheit, dass Dinge akzeptiert werden, die das eigene, innere Ich einfach nicht akzeptieren kann.
      Dadurch wiederum entstehen mitunter Krankheiten, Phobien oder ähnliches – das Innere ist mit dem Äußeren nicht in Harmonie.
      Sich dem „Gewohnten“ unterwerfen um des lieben Friedens willen, ist das noch der Sinn der Sache?

      Ja, wir als Gruppe, Gesellschaft, Nation oder was auch immer, brauchen Regeln für ein gutes Miteinander, aber reichen dafür nicht beispielsweise einfache Regeln wie es die 10 Gebote sind? Warum müssen es dann komplizierte Sachen in Gesetzestexten sein, wo oft selbst Anwälte nichts mehr verstehen?

      Konventionen im Sinne von „das machen wir eben so“, können auch überholt werden 😉 und genau darin liegt der Punkt. Alles über den Haufen zu werfen, hat nicht einmal Corona vermocht 😉 also geht es ohnehin nur kleinweise 😉

      ABER das innere ich kann seine eigenen Regeln adaptieren, halt in angemessenem Ausmaß, keiner will mit jemandem im Umfeld leben, der sich zu 100% gegen alles stellt. Und im Grunde ist das eigene ich doch der schwerste Gegner – oder wie siehst du das?

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      1. heathermkaufman

        Ob wir Abenteurer-, Forscher- oder Entdecker-Typen mit gewisser Risikofreude werden oder eher Zauderer, Zaghafte mit extremem Sicherheits- und Harmoniebedürfnis ist genetisch codiert. Konventionen sind das äußere, das „erlernte“ und abgeschaute Regelwerk der jeweiligen Gesellschaft, innerhalb der sich ein Individuum bewegt. Und was für den einen eine gewaltige Hürde im Leben darstellt, wird von anderen nicht einmal bemerkt. Unser Leben ist eine permanente Gratwanderung zwischen Opportunismus und dem Dasein eines Outlaws und sämtlichen Schattierungen dazwischen. Aber sowohl Mitläufer als auch Aufrührer leben gefährlich!

        Allein am Gebot „Du sollst nicht töten“ wird deutlich, dass wir mehr Spielraum in der Auslegung benötigen (Wer straft? Wie? Wie werten wir Kriege? Ist ein Täter für seine Tat verantwortlich? Was ist Notwehr? …). Unsere simplen moralischen Grundsätze und Vorstellungen haben (glücklicherweise) die Keulenkloppereien unserer Spezies-Urzeit lange hinter sich gelassen! (Leider nicht in jedem Fall!😲)

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      2. Rhiannon

        Wenn ich mir so die ganzen Gesetzestexte und Normen durchlese, ist der Aspekt, des „Gummiparagraphen“ und zu-viel-Spielraum nicht unwichtig zu betrachten. Ich bin kein Freund von Schwarz/Weiß Schemata, weil es schlichtweg zu viele Facetten ignoriert.

        Allein die Betrachtung unterschiedlicher Epochen und Kulturen gibt so viele Auslegungen.
        Dein Beispiel „du sollst nicht töten“, wird ja auch „mit“ beeinflusst, ob diese Person im Hier und Heute in Wien lebt, oder ob er/sie bei den Chinesen vor 2.000 Jahren lebte, was ist mit einer Person bei den Azteken oder den Wikingern? Betrachten wir alles das, so fehlen oft so viele HIntergründe, die aber notwendig wären.

        Meinst du, dass es vielleicht manch einer deswegen an anderen Kulturen/Zeiten oder Co orientiert, um etwas „Anderes“ in seine Entscheidungen mit einfließen zu lassen?

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      3. hmkaufmann

        Zeit und Regionen/Kulturen sind Veränderungen unterlegen – wir ‚entwickeln‘ uns weiter. Ein durchaus wünschenswerter Aspekt. Unsere Gesellschaft straft bspw. Ehrenmorde und Femizide, während es woanders zur selben Zeit zum akzeptierten Alltag gehört. Bis vor kurzem fand auch bei uns noch die Todesstrafe Anwendung – in anderen Ländern ebenfalls noch Realität. Homosexualität stand in Deutschland noch bis 1994 mit dem §175 StGB unter Strafe … es gibt viele Beispiele der Anpassung, des gesellschaftlichen Überdenkens.
        Sicher mag darunter auch einiges sein, das wir uns anders oder noch fortschrittlicher wünschen würden, aber eine Gesellschaft hat nicht nur ein Schwarmbewusstsein, sondern besteht im Kern aus Millionen Individuen, denen man natürlich nie in ihrer Gesamtheit gerecht werden kann. So sind möglicherweise auch die sog. „Gummiparagraphen“ entstanden, denn alle denkbaren Variationen sind textlich kaum zu erfassen und erfordern individuelle Auslegungen.

        @ Meinst du, dass es vielleicht manch einer deswegen an anderen Kulturen/Zeiten oder Co orientiert, um etwas „Anderes“ in seine Entscheidungen mit einfließen zu lassen?

        Vielleicht verstehe ich die Frage ja falsch, aber meinst Du unsere Sehnsucht nach verklärter, romantisierter Vergangenheit oder dem Nachleben ‚untergegangener‘ oder fremder Kulturen? Das könnte daran liegen, dass wir unsere Zeit als zu hastig empfinden und uns zuweilen von ihr sogar überholt fühlen. Beginnt die Gesellschaft unter diesem Eindruck massiv zu leiden, könnte das wiederum eine Korrektur, eine Veränderung einleiten.
        Interesse an weltweiter, aktueller Realität zu zeigen, eventuelle positive Entwicklungen zu adaptieren oder an unsere Verhältnisse anzupassen, aus negativen zu lernen etc., ist natürlich wünschenswert.

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  3. Die Grenzen und Konventionen sind meistens doch eher in unserem Kopf als da draußen. Unsere Glaubenssätze, Vorurteile, Neurosen sind die wahren Hemmschuhe. Gute Bücher handeln von diesen Grenzen und dem Kampf, den die Protagonisten an ihnen führen, um sich zu entwickeln. Es gibt immer die äußere Handlung, die den Protagonisten in Schwierigkeiten bringt und die innere Entwicklung, die er machen muss, um richtig zu handeln.

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    1. Rhiannon

      vergleichen wir den Anfang mit dem Ende einer Geschichte, so ist es immer eine Entwicklung – egal in welche Richtung, solange vorhanden …

      stimmt schon … eine Geschichte, wo der Charakter sich nicht entwickelt ist etwas langweilig 🙂

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  4. Rhiannon: „Sich dem „Gewohnten“ unterwerfen um des lieben Friedens willen, ist das noch der Sinn der Sache?“

    Als Einsiedler setzt du allein dir die Regeln.

    In einer Gemeinschaft tragen alle Beteiligten zum Regelwerk bei. Das kannst du in jeder Familie studieren. Man nennt das: Kompromisse machen. Wem die Maschen der Regeln zu eng sind, zieht aus, läßt sich scheiden, wechselt die Kirche, usw…

    Doch in jeder neuen Beziehung stricken wiederum alle Beteiligten…

    O.k., man kann das Land verlassen. Aber
    im Land deiner Wahl gibt es auch Regeln.

    🌻

    Rhiannon: „reichen dafür [für ein gutes Miteinander] nicht beispielsweise einfache Regeln wie es die 10 Gebote sind?“

    Es ist eine Frage der Geistigen REIFE der Beteiligten.

    Schwingen die (meisten) Mitglieder einer Gruppe oder die Bürger eines Landes auf den Frequenzen der Liebe, statt auf den niedrigen des Egoismus, braucht es nicht viele Regeln. Ist derzeit aber eher nicht der Fall.

    Daß der Moses auf den Sinai klettern mußte, um die nötigsten Gebote in Steintafeln zu ritzen, spricht auch nicht gerade für einen hohen Reifegrad seiner Leute.

    Zudem mußte er sich noch den Trick ausdenken, Gott habe sie geschrieben – weil seine Autorität allein wohl nicht ausreichte, das Schlimmste zu verhindern. Also mußte die kollektive Vorstellung eines externen (zornigen) Gottes zur Unterstützung herhalten.

    🌻

    Rhiannon: „Warum müssen es dann komplizierte Sachen in Gesetzestexten sein, wo oft selbst Anwälte nichts mehr verstehen?“

    Die Juristen kommen damit schon zurecht.

    Ginge es nach mir…,
    gibt es überwiegend Mediation, an der sich alle Beteiligten konstruktiv zu beteiligen haben. Das Streiten als solches sollte (anders als heute) geächtet sein. Nur in schweren, in Ausnahme-Fällen sollten Richter bemüht werden (dürfen).

    🌻

    Rhiannon: „im Grunde ist das eigene ich doch der schwerste Gegner“

    Wieso? Du meinst das Ego, nehme ich an?

    Eigenwohl und
    Gemeinwohl in
    Balance bringen.

    Mein Wohl und auch das meines Nächsten… in Balance halten wollen.

    Gefällt 1 Person

    1. Rhiannon

      @ als Einsiedler setzt du allein dir die Regeln.
      In einer Gemeinschaft tragen alle Beteiligten zum Regelwerk bei. Das kannst du in jeder Familie studieren. Man nennt das: Kompromisse machen. Wem die Maschen der Regeln zu eng sind, zieht aus, läßt sich scheiden, wechselt die Kirche, usw…
      Doch in jeder neuen Beziehung stricken wiederum alle Beteiligten…
      O.k., man kann das Land verlassen. Aber im Land deiner Wahl gibt es auch Regeln.

      Gewiss – jede Gemeinschaft und jedes Land verfügt über bestimmte Regeln und zum Sinne des Zusammenlebens ist es auch eine gute Idee. Betrachten wir aber die Regeln wie sie sind, so gibt es immer den ein oder anderen Aspekt, der mal überdacht werden könnte.
      Nur die wenigstens sind tatsächlich geschaffen, um eine Revolution zu leiten.
      Nehmen wir einfach zwei Beispiele:
      „Französische Revolution“ und „Rosa Parks“ – in beiden Fällen war das Ergebnis eine ziemlich starke Umwälzung. ABER soweit brauchen wir gar nicht zu gehen, es reicht einfach bei sich selbst anzufangen und für sich zu überlegen, vielleicht einmal nicht die großen Marken zu kaufen, sondern etwas selber zu kochen – oder zu erkennen, welches Muster man/frau folgt und überlegen, ob das Muster wirklich gut für einen ist.

      @ Schwingen die (meisten) Mitglieder einer Gruppe oder die Bürger eines Landes auf den Frequenzen der Liebe, statt auf den niedrigen des Egoismus, braucht es nicht viele Regeln. Ist derzeit aber eher nicht der Fall.

      Sieht leider so aus…

      @ ginge es nach mir…,
      gibt es überwiegend Mediation, an der sich alle Beteiligten konstruktiv zu beteiligen haben. Das Streiten als solches sollte (anders als heute) geächtet sein. Nur in schweren, in Ausnahme-Fällen sollten Richter bemüht werden (dürfen).

      … was wiederum ein Aufbrechen der aktuellen Konventionen wäre 😉

      @@ „im Grunde ist das eigene ich doch der schwerste Gegner“

      @ Wieso? Du meinst das Ego, nehme ich an?
      Eigenwohl und
      Gemeinwohl in
      Balance bringen.
      Mein Wohl und auch das meines Nächsten… in Balance halten wollen.

      Eher so was wie „der innere Schweinehund“, der einen die Dinge stur weitermachen lässt. Es ist unbequem zu denken.

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